PÄDAGOGIK
Der Wille, sich kulturell auszudrücken, ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst.
Archäologische Funde in Form von ausgehöhlten Baumstämmen und klingenden Knüppeln, deuten darauf hin, dass die Geschichte der Schlaginstrumente bis in die Steinzeit zurückreicht. Seit Beginn der Musikgeschichte also war das Instrumentarium des Schlagwerks immer schon fester Bestandteil aller Musikkulturen. Und dennoch ist das Instrumentarium von uns Schlagzeugern musikwissenschaftlich gesehen sehr jung. Das Schlagzeug bzw. Drumset beispielsweise existiert in der Form, wie wir es heute kennen, erst seit etwa 100 Jahren. Dasselbe gilt für Instrumente wie Vibraphon und Marimba. Auch der Blick auf den pädagogischen Aspekt des Schlagwerks zeigt:
Die erste Professur für Schlagzeug überhaupt, wurde erst 1974 gegründet und von Siegfried Fink bekleidet. Dies zeigt also: obwohl wir es mit einem sehr ursprünglichen Instrument zu tun haben, steckt die Pädagogik, Methodik und Entwicklung der Instrumente musikgeschichtlich betrachtet noch in den Kinderschuhen. Während Pädagogen im Fach Geige beispielsweise auf die Suzuki-Methode zurückgreifen können, müssen wir Schlagzeuger selber Konzepte meist aus mehreren Lehrwerken erstellen, um am Ende ein möglichst weitreichendes Spektrum vermitteln zu können. Zwar gibt es beliebte Lehrwerke wie „Stick Control“, die Wilcoxon-Schule, die Etüden von Mitchell Peters, Knauer, und andere – sie alle jedoch bestehen zum größten Teil aus Etüden und bieten nur wenige oder gar keine praktische Anleitung. Dabei beginnt erfolgreiches Lernen bereits mit der Einhaltung der richtigen Spielhaltung. Ein paar wenige Werke geben hier zwar Anleitung, können jedoch nicht die lehrende Person ersetzen, welche ggf. Fehlhaltungen erkennt und korrigiert.
Im Laufe der Jahre habe ich für ein Lehrkonzept entwickelt, welches fünf wesentliche Punkte beinhaltet:
1. Haltung
2. Lockerheit
3. Motivation
4. regelmäßiges Üben
5. sinnvolle Erarbeitung von Literatur
Im Detail:
1.) Zunächst liegt mein Augenmerk, wie bereits bemerkt, auf einer natürlichen Spiel- und Schlägelhaltung. Sie ist Voraussetzung für die erfolgreiche Aneignung technischer Aspekte. Dies ist der Grundstein für alles Weitere.
2.) Lockerheit: Ein differenziertes Schlagzeugspiel erfordert höchste Anforderungen an unsere Feinmotorik, die uns von Natur aus zunächst nicht zu eigen ist. Die Erfahrung zeigt, dass Anfänger oft dazu neigen, die größere Armmuskulatur intuitiv zu verwenden. Um aber eine sinnvolle Bewegungsökonomie zu erreichen, muss das Handgelenk zunächst sensibilisiert werden und die jeweils schwache Hand (bei Rechtshändern die Linke - und umgekehrt) emanzipiert werden.
Im Übrigen achte ich sehr darauf, dass alle Arten von Verkrampfungen und Fehlstellungen gelöst werden, da diese den Schüler/die Schülerin in ihrer technischen Weiterentwicklung behindern würden - schließlich ist eine lockere und durchlässige Spielweise der Schlüssel zu einem großen Klang und nicht zuletzt: Schnelligkeit.
Da ich Körper und Geist immer als Einheit verstehe, versuche ich auch auf geistiger Ebene Entspannung zu vermitteln: eine zwanglose und konstruktive Unterrichtsatmosphäre finde ich ebenso wichtig wie die Vermittlung rein fachlicher Aspekte.
3.) Die moderne Hirnforschung zeigt: das Gehirn lernt dann am besten, wenn die Lernerfahrungen mit positiven Emotionen verbunden sind. Gerade bei jüngeren Schüler*innen achte ich darauf, spielerische und experimentelle Elemente mit einzubinden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die richtige Auswahl der Spielliteratur. Hier scheiden sich schon oft die Geister: während eine gute Auswahl erheblich zur Motivation beiträgt, kann eine ungünstige wiederum diese auch zunichtemachen. Dazu versuche ich stets eine ausgewogene Balance aus Vermittlung von technischen Grundlagen und dessen praktischer Anwendung zu finden. Die unmittelbare Anwendung des gerade Gelernten in praktischen Zusammenhängen findet dabei im Idealfall mit anderen Musiker*innen statt. Deswegen versuche ich alle meine Schüler*innen zum Anschluss an Ensembles, Bands, Bigbands, Orchestern etc. zu motivieren. Zusätzlich binde ich digitale Technik in meinen Unterricht ein: Apps wie iReal etwa können eine Jazzband simulieren, wobei alle virtuellen Instrumente separat, je nach Bedarf, in Echtzeit angesteuert werden können.
4.) Ein schwieriges Thema: das Üben. Wie bereits erwähnt sind die komplexen, feinmotorischen Bewegungsabläufe niemandem von Natur aus zu eigen. Sie erfordern stetige Wiederholung und kontinuierliche Aneignung. Deswegen bleibt es dem Lehrenden/der Lehrenden nicht erspart, dies auch beim Schüler/bei der Schülerin einzufordern.
Wie aber lässt sich dies mit langen Schultagen und anderen Hobbys vereinen? Oft binde ich bei jungen Schüler*innen zunächst die Eltern mit ein und empfehle ihnen, ihre Kinder zum täglichen Üben zu motivieren und hierbei auch Prioritäten zu setzen.Gelingt dies erstmal, stellen sich schnell Lernerfolge ein, welche wiederum neue Türen öffnen und zur Spielfreude beitragen - ein positiver Kreislauf entsteht. Im Idealfall jedoch kommt die Motivation nicht von außerhalb, sondern vom Schüler/von der Schülerin selbst – die berühmte „intrinsische Motivation“.
Dazu bedarf es meist nur einer Initialzündung, welche ganz unterschiedlich aussehen kann:
Wie bereits erwähnt, ermutige ich meine Schüler*innen dazu, sich anderen Musiker*innen anzuschließen. Dies gibt dem Schlagzeugspielen eine Sinnhaftigkeit, welche oft bei denjenigen Schüler*innen fehlt, die ausschließlich für sich üben. Ziele wie ein Auftritt, ein Projekt oder eine Teilnahme bei „Jugend musiziert“ erweisen sich immer als sinnvoll.
5.) Sind die Schüler*innen bereits fortgeschritten und die Punkte wie oben beschrieben umgesetzt, richte ich mich in meiner weiteren Lehrmethodik nach einem Konzept, welches gleichzeitig auch mein generelles Musikverständnis wiedergibt:
Worauf ist bei der Erarbeitung von Literatur zu achten, wenn die Darbietung ein Erfolg werden soll?
Mein Versuch, dies anhand eines Pyramiden-Schemas darzustellen sieht wie folgt aus: